Andererseits weist das fledermäusische Kopfüberschlafen zugleich auf einen Vorteil hin, den die Tierwelt uns gegenüber hat: Sie verfügt über ein enormes Reservoir an Schlaftechniken. In der Tierwelt wird im Stehen geschlafen, im Flug, auf einem Bein stehend, unter Wasser, mit nur einer Hirnhälfte, mit offenen Augen oder mit nur einem geschlossenen Auge. Bei uns dagegen heißt es variantenarm: Hingelegt und Augen zu!

Variantenreicher geht es bei uns Menschen nur im Schlafrhythmus zu. Sind die einen nach vier bis fünf Stunden Nachtschlaf topfit, brauchen andere mindestens zehn Stunden durchlebte Tief-, Leichtschlaf- und REM-Phasen, um runderneuert ihr Tagwerk beginnen zu können. Langschläfer, die 8 Uhr taufrisch am Arbeitsplatz sein wollen, müssen also spätestens 22 Uhr in den Federn liegen. Da erübrigt sich für so manchen der Opernbesuch an einem Mittwochabend.

Was alle eint, ob Kurz-, Lang- oder Normalschläfer (der sieben bis acht Stunden nachtschläft), sind ihre Leistungssinkflüge tagsüber. Die meisten trudeln am frühen Nachmittag in ein Tagestief. Wieder hinauf hülfe ihnen Powernapping – ein körper- und geisterfrischender Kurzschlaf von rund 30 Minuten. Bei Piloten zum Beispiel steht das Nickerchen zwischendurch quasi in den Dienstvorschriften. Wie der ungestörte Nachtschlaf sorgt auch dieser Minutenschlaf für Erholung, gesteigerte Konzentrations- und Leistungsfähigkeit sowie Schönheit– vorausgesetzt, man findet schnell in den Schlaf hinein und pünktlich wieder hinaus.

Dabei können drei Utensilien behilflich sein: die Schlafbrille, Lavendelöl und ein Espresso. Die Schlafbrille dient der Verdunkelung und dem Augenschließen. Die Pflanzenkraft des Lavendels verkürzt die Einschlafzeit. Und das Koffein im vor dem Kurzschlaf getrunkenen Espresso weckt uns pünktlich nach 30 Minuten. Wie schön! Die Fledermaus muss jetzt noch rund 19 Stunden kopfüber an ihrem Schlafplatz hängen. 

Mein Gegenüber ist stets irritiert, fängt sich aber meistens schnell. So wie der Klempnermeister, den ich gerade interviewe: „Ach, machen Sie ruhig, kenn’ ich, hat meine Frau auch“, sagt er. Freundlich und leicht. So könnte es immer sein – das Leben! 

Heiße Zeiten, Wechseljahre, Klimakterium – so viele Namen es für die Jahre einer Frau zwischen 50 und 60 gibt, so viele Möglichkeiten gibt es auch, mit der neuen Lebensphase umzugehen. Denn, dass es eine neue Lebensphase ist, steht fest. Alles verändert sich: der Körper, die Seele, das Denken. Ich habe Freundinnen gleichen Alters und jede von ihnen singt ein anderes Lied davon; die einen schweigend, die anderen in Dur, wieder andere in Moll. Hitzewallungen, Wasserausbrüche, Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit, Ermüdung, Gewichtszunahme – so texten die Moll-Sängerinnen laut und in Endlosschleife. Die Dur-Sängerinnen denken still „Stimmt! Aber ich will umtexten!“ Sie entfalten den Fächer, entrümpeln ihr Leben und richten es nach und nach neu ein – mit allem, was ihnen guttut. Dass dazu in den nächsten Jahren schlaflose Nächte, feuchte Haut, müde Glieder und ein paar Kilos mehr auf den Rippen gehören könnten, wissen sie. Aber das hindert sie nicht, lustvoll zu leben. 

Ich bin eine Dur-Sängerin. Auch, wenn ich mir in manch durchwachter Nacht inständig wünsche, nicht aus so viel Wasser zu bestehen, sondern – nun ja, zum Beispiel – aus Knäckebrot.